Kirchenkreis

Die sechsjährige Leni ruft bei ihrer Oma an, die in einer anderen Stadt wohnt. Aufgeregt fragt sie ihre Oma: "Oma, bei uns ist jetzt Advent, bei euch auch?" Ihre Eltern können sich das Schmunzeln nicht verkneifen und sagen eilig: „Natürlich ist bei der Oma auch Advent, es ist doch jetzt überall Advent!" 

Wirklich überall? Woran merkt denn ein Kind, dass es Advent geworden ist? Am Adventskalender, an den Kerzen? Oder an den Menschen, die anders sind als sonst? Was ist denn wirklich in dieser Zeit anders als zu den anderen Zeiten des Jahres?

Bei den Vorbereitungen für eine Adventsfeier stoße ich auf eine Krippendarstellung,  die mich nachdenklich macht. Da sind nicht die "normalen" Krippenfiguren zu finden wie Maria und Josef und die Hirten, sondern Menschen wie du und ich. Sie alle werden von dem Licht einer Kerze angestrahlt, die bei dem Kind in der Krippe steht. Das Licht der Kerze drückt aus: Dieses Kind bringt Licht in das Leben von Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen.

Ein Mann unter den Krippenfiguren fällt mir besonders auf. Er kehrt dem Licht, das von der Krippe ausgeht, den Rücken zu. Sein Blick ist auf Zahnräder gerichtet, die vor ihm stehen und die ineinander greifen. Von diesen Zahnrädern ist er völlig in Beschlag genommen. Seine Arme sind hoch erhoben und bilden mit den Zahnrädern eine Einheit, ja, sie scheinen mit ihnen verwachsen zu sein. Man kann nicht einmal mehr seine Hände erkennen. Es ist, als würden die Räder mit ihrem Rhythmus den Mann ganz und gar bestimmen. Er kann sich nicht mehr von seiner Arbeit lösen. Von dem Licht, das von der Krippe hinter ihm ausgeht, bemerkt er nichts.

Merken wir, dass es Advent geworden ist? Natürlich sehen wir die Kerzen, die Adventsbeleuchtung überall. Aber ist uns bewusst, dass da in der Krippe die Chance eines erfüllten Lebens für uns heranwächst, eines Lebens, das mehr ist als das Verwachsensein mit unseren täglichen Beschäftigungen und unserer Betriebsamkeit?