Artikel Archiv

Ein Grund zu danken, aber auch eine Grund zu erschrecken: 20 Jahre Attendorner Tafel

29.3.2019

Während draußen schon die ersten „Klienten“ warten, legen Sabine Follmann, Sylvelin Karsunky und Christel van Pluer (v.l.) letzte Hand an (Foto: Ernst)
Während draußen schon die ersten „Klienten“ warten, legen Sabine Follmann, Sylvelin Karsunky und Christel van Pluer (v.l.) letzte Hand an (Foto: Ernst)

ATTENDORN + Mit einem Festgottesdienst feierte die evangelische Kirchengemeinde am Sonntag Okuli (24. März) das 20-jährige Bestehen der Attendorner Tafel in der Hansestadt. Das seien 20 Jahre, in denen die Gemeinde sich für Menschen in schwierigen Verhältnissen einsetze, ihnen ganz konkret mit Lebensmitteln helfe, so Pfarrer Dr. Christof Grote in seiner Festpredigt.

 

Das Jubiläum sei ein Grund zur Freude aber auch zur Dankbarkeit, denn es sei alles andere als selbstverständlich, dass ein solches Engagement über eine so lange Zeit gelinge, dass sich immer genügend Freiwillige fänden, die dafür ihre Zeit und Energie einbrächten. Und dass auch immer genügend Spenden da seien, um überhaupt etwas verteilen zu können. Auch das sei keine Selbstverständlichkeit und kein Selbstläufer.

 

Es sei aber auch ein Grund zu erschrecken, dass es auch im wohlhabenden Deutschland Menschen gäbe, die mit dem Geld, das sie hätten, einfach nicht auskämen und eine Unterstützung durch die Tafeln benötigten. Das erschrecke ihn auch heute noch bei aller Routine, die sich im Tafel-Alltag eingestellt habe, bei allem Wissen um die Armutsstatistiken, die es gäbe und die gelten, so Dr. Grote.

 

Der Initiator der Attendorner Tafel Pfarrer Dr. Christof Grote bei seiner Festpredigt am Sonntag Okuli (Foto: Ernst)

Der Initiator der Attendorner Tafel Pfarrer Dr. Christof Grote bei seiner Festpredigt am Sonntag Okuli (Foto: Ernst)

 

Die Attendorner Tafel hat allerdings auch eine Art Vorgänger in der Stadt. Beim Pastoren-Ehepaar Bertram war es zur Gewohnheit geworden, dass sich die Bedürftigen an sie um Hilfe wandten, die ihnen auch zunächst in Form von ganz praktischer Hilfe mit Butterbroten gegen den ärgsten Hunger zu teil wurde.

 

Da das jedoch auf die Dauer keine Lösung war, ganz besonders bei Familien, entschloss man sich, den Hilfsbedürftigen Lebensmittelgutscheine in verschiedenen Werten auszuhändigen, die bei vielen Lebenmittelhändlern eingelöst werden konnten, allerdings nicht gegen Zigaretten und Alkohol. Durch den plötzlichen Tod von Pastorin Bertram geriet diese Art der Hilfe etwas in Vergessenheit, so dass ihre Nachfolger wieder mit der „Butterbrot-Hilfe“ begannen.

 

Doch schnell zeigte sich wieder, dass diese Lösung keinem der Betroffenen wirklich half, und so kam man wieder auf die Gutscheinlösung. Doch diesmal gab es nur einen Lebenmittelladen in unmittelbarer Nähe zum Pfarr- und Gemeindehaus, für den die Gutscheine ausgegeben wurden.

Erschrocken durch die große Anzahl der Gutscheine bot der Eigentümer des Supermarktes der Gemeinde an, ihr die Lebensmittel zum Verteilen an Bedürftige zu überlassen, die er aus gesetzlichen Gründen nicht mehr verkaufen könne. Das war die Geburtsstunde der Attendorner Tafel.

 

Pfarrer Dr. Grote holte sich das Diakonische Werk des Kirchenkreises Plettenberg in der Person von Heike Schäfer mit ins Boot und organisierte auch mit Hilfe einiger Ehrenamtlicher erstmals im Dezember 1998 – als einmalige Aktion geplant – eine Verteilung von Lebensmitteln im Jugendkeller des Gemeindehauses. Der Zuspruch sei leider so groß gewesen, so der Pfarrer, dass daraus im Februar 1999 die regelmäßige Lebensmittelausgabe entstanden sei.

 

Inzwischen gibt es neben der monatlichen Ausgabe jeweils am letzten Dienstag im Monat jede Woche eine „kleine Tafel“. Auch ein regelmäßig angebotenes sogenanntes „Arbeitslosen-Frühstück“ ist im Rahmen der Tafel entstanden.

 

In seiner Festpredigt führte Pfarrer Dr. Christof Grote weiter aus, dass die Attendorner Tafel auch Weihnachtsfeiern und Ferienaktionen für die Kinder der Hilfsbedürftigen organisiert habe. Leider sei die Zahl der Menschen, die zur Tafel kämen, immer weiter gestiegen. So sei es gut gewesen, dass man vor zwei Jahren vom Gemeindehaus in das neue Begegnungs- und Sozialzentrum „lebensfroh“ an der Danziger Straße umziehen konnte. Inzwischen verteilten die Ehrenamtlichen bei der „großen Tafel“ Lebensmittel für etwa 500 Menschen. Über 100 Besucherinnen und Besucher kämen an diesen Tagen regelmäßig.

 

Fleißige Helferinnen nach getaner Arbeit (v.l.): Christine Feldmann, Beate Niemann und Elisabeth Fechner

Fleißige Helferinnen nach getaner Arbeit (v.l.): Christine Feldmann, Beate Niemann und Elisabeth Fechner (Foto: Ernst)

 

 

Mit großem Applaus dankte die Gemeinde den fast 30 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unter der Koordination von zunächst Marlis Kinne und heute Sylvelin Karsunky für ihre Leistungen für und in der Attendorner Tafel.

 

Dr. Grote wies auch darauf hin, dass eine Tafel nur funktionieren könne, wenn es genügend Spenden für diese Arbeit gäbe. Er dankte ausdrücklich den Attendorner Geschäftsleuten für ihre regelmäßigen Lebensmittelspenden, aber auch denen, die durch Geldspenden die Arbeit unterstützten; denn für das Organisatorische werde auch Geld gebraucht.

So habe man zum Beispiel erst kürzlich - finanziert durch Spenden heimischer Unternehmen, der Sparkasse, der Volksbank sowie durch eine große Spendenaktion der „aquatherm“-Beschäftigten - ein Lieferfahrzeug anschaffen können, damit die Ehrenamtlich nicht immer mit ihren Privatwagen die zu verteilenden Lebensmittel bei den Geschäften abholen müssten. ©khe

zurück zur Übersicht